16.4.1952
U.v. Beckerath,
(1) Berlin-Friedenau,
Schmargendorfer Strasse
21,III.
Herrn David,
"
Hatrath
"
Naumann.
Zu unserer gestrigen Besprechung
ueber das Gold (genauer ueber Goldstuecke) als Wertmesser und als (nicht
aufdraengbares) Zahlungsmittel.
Angenommen,
es waere moeglich, dass eine Berliner Wohnungsgesellschaft eine langfristige Anleihe
aufnimmt, um die Wohnungsnot auf das z.Zt. unvermeidliche Minimum
herabzubringen, so wird sofort die Frage des Wertmessers dieser Anlage
akut. In der Praxis wird sich die Wohnungsgesellschaft hier den Wuenschen der
Glaeubiger fuegen muessen, es sei denn, der von den Glaeubigem gewuenschte
Wertmesser ist fuer die Berliner untragbar. Also: Wenn einige der Glaeubiger
den Papierdollar als Wertmesser wuenschen, so wird man ihnen das bewilligen,
denn der Papierdollar ist (aus hier nicht zu eroerternden Gruenden) tragbar.
Wenn andere Glaeubiger das Feingold wuenschen, so wird man auch das bewilligen,
denn auch Feingold ist als Wertmesser tragbar. Noch andere werden vielleicht
einen Grosshandelsindex verlangen: auch der ist tragbar. Im Grossen und Ganzen
kann man sagen: Diejenigen Wertmesser, welche sich nach dem Erlass des Gesetzes
vom Juli 1923 ueber die wertbestaendigen Hypotheken als tragbar erwiesen haben,
die sind auch heute noch als tragbar anzusehen, so lange das Gegenteil nicht
feststeht.
Eine ganz andere Frage ist: welcher Wertmesser waere als
Ideal-Wertmesser anzusehen? (Gewiss ist es nicht to Portomark! Die Gruende habe
ich vor ein paar Monaten dargelegt; ich gebe zu, dass wir sie nie eroertert
haben.)
Noch eine andere Frage ist: Welcher Wertmesser ist das
kleinste, monetaere Uebel, einmal vom Standpunkt des Schuldners aus betrachtet
und einmal vom Standpunkt des Glaeubigers aus?
Eine weitere Frage ist: Welcher Wertmesser - - gut oder
schlecht - - entspricht z.Zt. der Mentalitaet des Volkes am meisten,
insbesondere desjenigen Teils des Volkes, der bereit ist zu sparen und seine
Ersparnisse auszuleihen?
Ich behaupte:
1.) Das kleinste, monetaere
Uebel, sowohl vom Standpunkt des Glaeubigers aus betrachtet als vom Standpunkt
des Schuldners aus (wenn der Schuldner grundsaetzlich die Wertbestaendigkeit der
Schuld bewilligt - - an sich liegen Inflation und Abwertung in seinem
Interesse!) (Nur kurzfristig! J.Z.) ist das voellig frei gehandelte Goldstueck.
2.) Das Goldstueck als
Wertmesser entspricht auch heute noch mehr als jeder andere Wertmesser der Mentalitaet
des Volkes, insbesondere auch des sparenden Teiles, der bereit ist, seine
Ersparnisse auszuleihen.
Folgende Tatsachen duerfen
nicht uebersehen werden:
1.) In allen Laendern der Welt
(Panama und demnaechst vielleicht noch andere, suedamerikanische Staaten
ausgenommen) muss das Volk und muss die Geschaeftswelt durch Androhen harter
Strafen daran gehindert werden, in Gold zu rechnen, Fakturen in Goldwert auszuschreiben,
Vertraege auf Goldgrundlage abzuschliessen, u. dgl. Nur in wenigen Laendern ist
der Besitz von Goldbarren erlaubt oder ihre Uebertragung. Man kann
natuerlich sagen (und hat es gesagt): Das ist ein Wahnsinnsakt der Regierungen.
Volk und Geschaeftswelt haben in Wirklichkeit vor Gold und gar vor Goldstuecken
den groessten Abscheu. Die Gesetze zur Verhinderung der Zirkulation von
Goldstuecken und zur Verwendung von Goldstuecken als Wertmesser sind ganz
ueberfluessig! Eine solche Meinung ist weder zu beweisen noch zu widerlegen.
Die Goldbergwerke aber finden die bereits i.J. 1932 vom Finanzminister
Suedafrikas ausgesprochene Meinung bestaetigt: Je mehr das Gold verboten wird,
desto misstrauischer wird das Volk gegenueber dem Papiergeld. Jeder moechte in
Papierwaehrungszeiten (das heisst heute: in Zeiten des Zwangskurses)
Gold horten. Die effektive, obwohl illegale Nachfrage nach Gold ist
daher unter der Papierwaehrung groesser als vorher. Die Papierwaehrung liegt
daher im Interesse der Goldbergwerke, vorausgesetzt, dass sie den Weg zu den
Abnehmern zu finden wissen. Die Meinung des Finanzministers wurde dann auch von
Direktoren der Goldbergwerke uebernommen und den Generalversammlungen der
Aktionaere vorgetragen. Einigen Goldbergwerken widerfuhr sogar folgendes: sie
waren beim Abbau des Erzes bereits in eine solche Tiefe der Schaechte gelangt,
dass sie begannen, unrentabel zu werden; denn wenn die Schaechte zu tief sind,
so werden - - natuerlich - - die Kosten der Foerderung zu hoch. Der Kurs der
betr. Aktien war daher entsprechend niedrig. Sowie aber die Goldwaehrung
abgeschafft war, nahm der Absatz an Gold zu, und die Abnehmer zahlten gern
solche Preise, dass die Rentabilitaet gesichert war. Die Kurse der Aktien
stiegen entsprechend.
Die Meinung, dass das Volk
eine Abneigung gegen Gold haette, ist in Wirklichkeit auf ein paar
Weltanschauungsmenschen beschraenkt, die keinen genuegenden Kontakt mit der
oekonomischen Wirklichkeit haben und sich immer nur gegenseitig in ihrer
Meinung bestaerken.
2.) Der Umstand, dass in der
Welt grosse Goldschaetze bestehen, z.B. in Fort Knox, und dass diese Schaetze
wahrscheinlich mal eines Tages ausgemuenzt werden, ins Volk dringen, und dass
dann die Preise steigen, darf nicht ueberschaetzt werden. Der Vorgang ist ein einmaliger,
und wenn er vorueber ist, so wird voraussichtlich das Gold wieder ebenso
(relativ) wertbestaendig sein wie vorher. Wie wenig sogar sehr grosse
Vermehrungen des "freien" Goldes auf das Preisniveau wirken, ergibt
sich aus einer Vergleichung der in den Jahrgaengen 1936 & 1937 des
Statistischen Jahrbuchs (vielleicht auch noch in aendern Jahrgaengen)
abgedruckten Tabelle des Statistischen Reichsamtes ueber dos durchschnittliche
Goldpreisniveau im Grosshandel von 1792 bis 1914, verglichen mit den Statistiken
ueber die Goldproduktion. Man kann annehmen, dass im Laufe des 19-ten
Jahrhunderts der Goldbestand der Welt relativ sehr viel mehr zugenommen hat als
er durch Mobilisierung des Goldes von Fort Knox, etc., zunehmen wird. Trotzdem
sind die Preise im Grossen und Ganzen unveraendert geblieben. Die australische
Goldproduktion ging sogar einher neben einer scharfen Senkung aller Preise. Die
zu erwartende Preiserhoehung wird also nicht nur einmalig sein, sie wird
auch geringer sein, als heute die Feinde des Goldes erwarten.
Gewiss ist aber die Meinung derer richtig, die da behaupten:
die allergroessten Preissteigerungen, bemessen in Gold, waren harmlos und
werden harmlos sein gegenueber den Preissteigerungen unter der Herrschaft der
Zwangskurs-Papierwaehrungen. Der geschichtliche Beweis hierfuer ist sehr
leicht zu erbringen«.Jeder mag die hier in Frage kommenden Geschichtsquellen
nachlesen.
Hieraus
und aus den andern hier vorgetragenen Gruenden darf man schliessen, dass die
allgemeine Volksmeinung vom Golde als dem kleinsten, monetaeren Uebel
wohlbegruendet ist.
Im
uebrigen werden gerade die Freunde des Goldes verlangen, dass das Gold taeglich
neu seine guten Eigenschaften im Vergleich mit moeglichst viel aendern, nur
irgend ausdenkbaren Wertmessern und Tauschmitteln bewaehre, und sie werden
daher gegen jedes Verbot protestieren, irgend einen Wertmesser von der
praktischen Anwendung in Vertraegen auszuschliessen: sie sind ueberzeugt, dass
gerade die praktische Anwendung den Beweis dafuer liefern wird, dass das Gold,
insbesondere das gemuenzte, auch heute noch das kleinste, monetaere Uebel ist,
daneben aber noch ein paar positiv gute Eigenschaften hat. Die Anhaenger der
Indexmark, der Arbeitsstunde als Wertmesser, etc., werden nach wenigen Monaten
praktischer Anwendung reumuetig zum Golde zurueckkehren.
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Dieselben
Leute, die da behaupten, Volk und Geschaeftswelt verabscheuten das Gold,
behaupten gleichzeitig, dass eine sehr grosse Gefahr darin laege, dass das
gehortete Gold eines Tages mobil gemacht wuerde und sich in die Laeden
ergoesse. Wenn die erstere Behauptung richtig ist, dann schmeisst der
Ladenbesitzer den Goldstueckbesitzer einfach raus. Ist aber die zweite
Behauptung ernst gemeint, denn liegt darin indirekt das Eingestaendnis, dass
die Ladenbesitzer das Gold keineswegs verabscheuen, auch sicher sind, dass sie
es beim Grosshandel wieder anbringen koennen« Der Grosshandel aber nimmt das
Gold - - natuerlich - - nur dann, wenn er es bei den Fabriken wieder los wird,
und die nehmen es nur, wenn es die Arbeitnehmer bei der Entlohnung annehmen.
Alles das ist die selbstverstaendliche Voraussetzung eines run auf die Laeden
durch die Goldstueckbesitzer.
Der
Goldschatz im Fort Knox und den andern Aufbewahrungsorten der USA-Regierung
betraegt, nach einem mir heute zugegangenen Diagramm in der Zeitschrift
"Monetary Notes" vom l.III.52 dem Werte noch etwa 24 ˝ Milliarden
Papierdollars. In Unzen (eine Unze = 31.1 Gramm) gerechnet, waeren das etwa 700
Millionen Unzen oder rd. 22 Millionen Kilogramm. Nach dem deutschen Muenzgesetz
wurden aus einem kg. Goldmuenzen im Betrag von 2790 Goldmark gepraegt. Der
Goldschatz waere also rd. 61 Milliarden alte Goldmark wert. Auf jeden der 2 ˝
Milliarden Erdbewohner ergaebe das rd. 24 alte Goldmark. Zur Zeit der
Goldwaehrung rechnete man auf jeden Einwohner Deutschlands einen Geldbestand
von etwa 100 Goldmark. Selbst wenn nicht nur das amerikanische Gold wieder
unter die Leute kaeme sondern auch noch das sonst in der Welt in groesseren
Mengen gehortete Gold, so ergaebe sich daraus doch schwerlich auch nur so viel
Gold auf jeden Erdbewohner, wie i.J. 1914 auf jeden Deutschen. Solche Zahlen
muss man kennen, wenn man die Gefahr einer "Goldinflation" beurteilen
will.
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Im
Volke verbreitet und sogar von Reformern kritiklos wiederholt ist der alte
Aberglaube, dass "das Finanzkapital" die Goldwaehrung eingefuehrt
habe, um damit die Welt auszubeuten:
Wo das
Finanzkapital und das, was man so als "Kapitalismus" bezeichnet,
wirklich die Uebermacht hatte, da war natuerlich sein erstes, die Goldwaehrung
abzuschaffen. Das Motiv kann man sich sehr leicht an der deutschen Abwertung
des Jahres 1949 klar machen. In diesem Jahre wurde die im Jahre vorher
festgesetzte Wertrelation von:
eine DM = 30$-Cents
herabgesetzt auf: eine DM = rd. 23$-Cents oder genauer:
1 $ = 4,20 DM. Warum machte
man das???
Die
Herren, die das machten, die wussten, was das Volk nicht weiss, dass naemlich
die Preise bei jeder Abwertung ungefaehr im Verhaeltnis der Abwertung
steigen. Die Ursachen sind fuer jeden, der oekonomisch denken kann und will,
klar. Ausserdem ist die Preissteigerung nach Abwertungen durch eine
Jahrhunderte lange Erfahrung bestaetigt. Und warum weiss das Volk dos nicht?
Weil die Preissteigerung zunaechst beim Grosshandel einsetzt, und das Volk den
nicht beachtet. In den Laeden setzt sich die Preissteigerung durchschnittlich
(nach einer Statistik von Prof. Wagemann) nach etwa 2 Jahren durch, so dass
nach 2 Jahren die Preise - - in Gold gerechnet - - wieder die gleichen
sind (im Wesentlichen die gleichen! bei keiner Ware genau).
Eine
Preiserhoehung ist praktisch eine Lohnsenkung. Umgekehrt: Das Ergebnis
jahrelanger Gewerkschaftskaempfe kann durch eine Abwertung mit
Leichtigkeit und vom Volke voellig unbemerkt rueckgaengig gemocht werden.
Wuerde man i.J. 1949 die Loehne -reduziert haben, so haette es einen Aufstand
gegeben. Man hat abgewertet, und es geschah gar nichts, ausser dass das Volk
das in solchen Faellen uebliche Geschrei gegen die Haendler erhob. Die ganz
"Eingeweihten" schrieben auch noch gegen Juden, Jesuiten, Freimaurer,
etc.
Bei der Papierwaehrung hat der Kapitalismus tatsaechlich das
Volk an der Gurgel, gewinnt auch sehr leicht verlorene Machtstellungen zurueck.
Bei einer Goldrechenwaehrung muss der Kapitalismus aktiv kaempfen, und zuletzt
unterliegt er, weil er die oeffentliche Meinung gegen sich hat.
Wer Vorstehendes uebertrieben findet, der lese die Bestimmungen
des amerikanischen Abwertungsgesetzes von 1933 durch. Durch dieses Gesetz ist
nicht nur die alte Goldwaehrung abgeschafft, sondern die Geldverfassung der USA
ist jetzt geradezu eine Anti-Goldwaehrung. Kein Amerikaner darf mehr als 100$
Gold in Muenzen oder Barren besitzen. Alles Gold ueber diesen Hoechstbetrag
hinaus ist an das Schatzamt abzuliefern, und das Amt zahlt anstatt des frueheren
Papiergeldpreises von 20,672 $ fuer eine Unze Feingold jetzt 35 Papierdollars.
Das dumme Volk haelt das fuer eine Besserstellung, weil es den Papierdollar
fuer das richtige Wertmass haelt und die Abwertung nicht bemerkt. Wer zum
Schatzamt kommt, und moechte eine Unze Gold fuer 35 Papierdollars haben,
der wird vom Portier unfreundlich zur Tuer begleitet, und wenn er meckert:
"Hausfriedensbruch" in Behoerdenraeumen wird in den USA besonders
streng bestraft.
Dass aber Zeitungen, so genannte Volkswirtschaftler,
Professoren (mit ehrenvoller Ausnahme des Professors Spahr von der New Yorker
Universitaet) und dergleichen Leute dem Volke die amerikanische Waehrung als
eine Gold-Waehrung hinstellen, weil man fuer eine Unze Gold 35 Papier-Dollars
bekommt, das ist eine der groessten Unverschaemtheiten, die sich die so
genannte Wissenschaft gegenueber dem unwissenden Volke erlaubt hat. Reformer,
die diesen Namen verdienen, sollten sich dadurch nicht imponieren
lassen«
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Einige
Soziologen erklaeren sich den Anti-Gold-Aberglauben des Volkes aus einer
vererbten Veranlagung, entstanden in der "Sklavenzeit". (Waehrend der
letzten 100.000 Jahre - - schaetzungsweise - - lebte der bei weitem groesste
Teil der Menschheit in Sklaverei.) Zur Sklavenzeit war dem Volke der Besitz von
Edelmetall bei Todesstrafe verboten. Das Gold war der Sonne geweiht und das
Silber der Mondgoettin. Edelmetall war also an die Tempel abzuliefern. (Der
Herrscher galt als Sohn des Sonnengottes.) Zuletzt zitterte das Volk bei den
blossen Gedanken, Gold etwa nicht abzuliefern. Diese Mentalitaet hat
sich vererbt; sie hat heute natuerlich diejenigen Formen, die den gegebenen
Wirtschaftsverhaeltnissen entsprechen.
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Der
Reformer sollte sich darueber klar sein, dass bei einer Goldwaehrung
(Goldrechenwaehrung oder Goldeinloesungswaehrung oder Goldmuenzwaehrung ohne
Papiergeldumlauf) das Gold keinen Preis hat. Das Goldstueck ist der
Preismesser. Kein Boersenvorstand laesst daher notieren: "1 Goldstueck
kostet heute 1 Goldstueck." Es waere gar zu bloed. Die aelteren Wertangaben
ueber die Goldproduktion besagen daher nur: Ausgemuenzt wuerde das produzierte
Gold einen Betrog von so und so viel ergeben. Im Statistischen Jahrbuch f. d.
Deutsche Reich ist daher der Kilo-Betrag einfach mit (2790 - 6) multipliziert.
(Vgl. z.B. Jahrbuch 1927, Seite 64 Anhang, Fussnote. Die 6 Mark Abzug sind fuer
Praegegebuehren gerechnet. In alten Zeiten nannte man's
"Schlagschatz".) Entsprechend ist daher als Preis der von 1906 bis
1910 in der Welt produzierten 3 261 448 kg Feingold angegeben:
3 261
448 mal 2784 = 9 080 Millionen RM.
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Reformer
sollten auch bedenken, dass alle wirklichen Uebelstaende, die zur Zeit der
Goldwaehrung auf getreten sind, und die offenbar monetaere Ursachen hatten
(Geldkrisen), darauf beruhten, dass die Glaeubiger einen Rechtsanspruch auf
Goldmuenzen hatten, gleichgueltig ob Goldmuenzen zirkulierten oder nicht, ob
sie gehortet wurden oder nicht. Wer sich darueber informieren will, der moege
in dem Buch von H. Prehn von Dewitz, "Mammonarchen", Stuttgart 1913,
Seite 78/79 nachlesen, wie Pierpont Morgan i.J. 1895 sich den
Rechtsanspruch auf Gold zunutze machte. Wuerde das amerikanische Gesetz dem
Sinne nach gelautet haben: Glaeubiger haben einen Rechtsanspruch auf Verrechnung,
so waeren Geldkrisen in den USA unmoeglich gewesen. Mir ist kein Reformer
bekannt, der den Unterschied zwischen Goldwaehrung an sich und dem
Rechtsanspruch der Glaeubiger gekannt haette. Erst recht hat natuerlich noch
kein Reformer den Unterschied gewuerdigt. Jeder redet einfach so, wie er andere
hat reden hoeren. Reformer sollten aber kritisch sein.
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Um zur Berliner Reform
zurueckzukehren und zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit in Berlin:
Die Reformer uebersehen
folgende Zusammenhaenge:
1.) Zur Herstellung von
Haeusern, Maschinen und Aehnlichem sind langfristige Kredite erforderlich. Es
waere ein sehr unvollkommenes Arbeitsfinanzierungsprogramm, welches besagte :
Haeuser und Maschinen haben wir nicht einbezogen.
2.) Haeuser, Maschinen
erfordern daher zur Finanzierung eine wertbestaendige Grundlage und zwar eine,
die von den Glaeubigern fuer wertbestaendig gehalten wird. Portomark u. dgl.
reizt keinen Glaeubiger.
3.) Die Glaeubiger halten
zurzeit nur frei gehandeltes Gold fuer genuegend wertbestaendig. Die Glaeubiger
werden aber auch dem Golde wisstrouen ( bzw. denen, welche Bestimmungen ueber
das Gold erlassen), wenn nicht die Fabrikation von Muenzen erlaubt ist, und
Muenzen uebertragbar sind, auch noch Belieben gehortet werden duerfen. (Wo
Verrechnung erlaubt ist, und die Lohnempfaenger ebenfalls verrechnen, da ist
die Hortung von Gold eine gleichgueltige Sache, soweit die Produktion in Frage
kommt.)
4.) Ohne voelligen Freihandel
mit Gold ist die (relative) Wertbestaendigkeit des Goldes nicht aufrecht zu
erhalten. Wertschwankungen wie in diesen Tagen in Pakistan sollte man den
Bestimmungen ueber Goldhandel und Goldwesen sowie der Einschraenkung der Verrechnung
zuschreiben, aber nicht kritiklos nachsprechen : "Schon wieder mal hat dos
Gold versagt!"
5.) Bei genuegender
Wirtschaftsfreiheit lassen die Barrenbesitzer ihre Barren in Muenzen umpraegen
und bieten sie an. Damit muss die Wirtschaft sich abfinden. Wer gegen
Goldmuenzen misstrauisch ist, der moege die Bonner Blechmarken vorziehen; es
soll ihm unbenommen sein.
Beckerath.
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First published in: Ulrich von
Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe,
Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-467 (Mikrofiche), Berrima,
Australia, 1983. Page 2227-2230.